„Interpenetrationen betreffen nicht nur das psychische System des Menschen. Auch der Körper wird einbezogen.“ (Luhmann 1987: 331)
Damit ist schon zweierlei gesagt: Erstens, der Körper gehört zur Umwelt der Gesellschaft, zweitens, er ist eine Spezialumwelt, mit der Prozesse gegenseitiger Interpenetration stattfinden. Die Interpenetrationen umfassen allerdings, wie Luhmann gleich im nächsten Satz schreibt, nicht den kompletten Körper. Da ist es vielleicht ganz gut Hahn und Jacob in ihrer Feststellung zu folgen, dass die „Vorstellung vom Körper als einem einheitlichen System“ selbst „Resultat von Evolution“ ist (Hahn/Jacob 1993: 151) und den Körper gerade nicht als >System<, sondern eher ein Konglomerat verschiedenster organischer Systeme, die in einem ökologischen Verhältnisse zueinander stehen, also „Nachbarschaftsverhältnisse zwischen heterogenen Ordnungen“ bilden (Baecker 2007: 9). Das dieses Konglomerat diverser Systeme als (ein) >Körper< kommuniziert wird, ist vor allem Folge eines kulturellen Programms, welches ein Erleben dieses Konglomerats konditioniert, in dem „Körper als Körper zählen“ (Luhmann 2005: 186). Der Leitunterscheidung, mit der der Körper als Körper in die Kommunikation als – fraglos ausschließlich – Kommunikation Eingang findet, ist die Differenz von Wahrnehmung und Kommunikation (ebd.: 188).
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Baecker (2007): Studien zur nächsten Gesellschaft, Suhrkamp.
Hahn und Jacob (1993): Der Körper als soziales Bedeutungssystem. In: Fuchs und Göbel (Hrsg.): Der Mensch – das Medium der Gesellschaft, Suhrkamp. S.146-188
Luhmann (1987): Soziale Systeme, Suhrkamp
Luhmann (2005): Wahrnehmung und Kommunikation sexueller Interessen. In: ders.: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch. VS Verlag. S.180-193
3 Kommentare:
Wieso sollte denn der Körper nicht als System beschrieben werden? Es gibt ja das Konzept der internen Differenzierung.
Und welche Systeme sind es denn, die den "Komplex" Körper konstituieren sollen? Die einzelnen Organe oder die Zellen?
René
Warum eigentlich nicht? Also Gegen die Beschreibung als System kann ich nichts einwenden. Sicher kann man das machen und Maturana und co tun dies durchaus erfolgreich.
Die Frage die sich mir als Theoretiker Luhmannscher Systemtheorie stellt, ist wie so ein System operieren würde. Wäre es ein System im Medium Sinn? Ist es Selbstreferentiell? Braucht es Kopplungen zu anderen Systemen? Und wie sähe dann seine Funktion für das Denken und die Kommunikation aus?
"Wieso sollte denn der Körper nicht als System beschrieben werden?"
M.E. nach geht es als "ein einziges System" nicht, weil die einheitsbezogene Operationsform fehlt, die die Autopoiesis und damit die operative Schließung vollzieht. Darauf verweißt auch die Frage "welche Systeme sind es denn, die den "Komplex" Körper konstituieren sollen? Die einzelnen Organe oder die Zellen?", die ich sehr wichtig finde. >Körper< muss als organische Adresse eng an die Form "Person" gekoppelt sein, die nie ohne ihren Körper auftaucht. Dabei spielt aber nicht alles, was man unter fassen könnte, immer eine Rolle für die Kommunikation. ... allerdings gerate ich mit dieser Zerlegung des Körpers in ein Nicht-Ein-System wohl Theorieschwierigkeiten, wenn man Luhmann in Soz.Sys. schreibt: "Von Interpenetrationen soll nur dann die Rede sein, wenn auch die ihre Komplexität beitragenden Systeme autopoietische Systeme sind." (296). Wollte man damit verarbeiten und gleichzeitig von der Interpentration des Körpers und der Gesellschaft ausgehen, müsste man entweder (bei Nicht-Ein-System-Körpern) genauer spezifizieren, welches organische System jetzt gemeint ist bzw. immer eine ziemliche Unschärfe mit im Spiel halten; oder man müsste (um einen Ein-System-Körper zu konstruieren) eine bestimmte Operation ausmachen - die wohl definitiv nicht >Sinn< ist. Luhmann spricht ja auch mehrmals von "Leben" (bspw. Soz. Sys. 296ff.)....
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